Frances & Me
Frances und Martina Ziegler
30.05.2025 – 19 Uhr
JesusChris
Witteringstr. 83
45130 Essen

Aloha,
es sommert so langsam und wir gehen nach Melanie Diederichs „Neonista“ (die übrigens nach wie vor zu bewundern wäre … kommt in die Puschen!) in die dritte Runde. Diesmal erwarten wir durchaus arrivierten Besuch aus Meerbusch – Frances und Martina Ziegler mit ihrem Projekt „Frances & Me“.
Über Martina erfahrt ihr Mannigfaches auf ihrer Website https://martinaziegler.de. Wir fassen uns daher ein wenig kürzer, denn umtriebig und vielseitig wie sie ist, würde eine ausführliche Vita den Rahmen an dieser Stelle sprengen … und dann jammern wieder die Nicht-bis-Weniglesenden – das möchte ja niemand.
Also:
Seit dem Jahr 2010 widmet sich Martina Ziegler ausschließlich ihrem freien Schaffen, zeigt ihre Werke auf zahllosen Kunstmessen, bei Solo-Shows und Kollaborationen. Ihr bisher grösster Coup und „Ritterschlag“ ist dabei der Ankauf einer Arbeit aus der Serie „Magricollages“ für die Sammlung des Museum Kunsthalle Weishaupt im Februar 2024.
Martinas Kunst ist inspiriert durch Prinzipien der Quantenphysik, insbesondere der Verschränkungstheorie. Quantenverschränkung, ein Phänomen der Quantenmechanik, postuliert, dass zwei Teilchen oder Systeme so miteinander verbunden sind, dass der Zustand des einen unmittelbar den Zustand des anderen bestimmt, und zwar unabhängig vom räumlichen und zeitlichen Abstand.
Daraus schöpft sie die Idee, ihre analoge Malerei mit Digital Painting zu verbinden, zu innovieren und ihr ausgeprägtes Interesse an evolutionären Veränderungen durch Einflussnahme künstlerisch auszudrücken und experimentell zu erforschen. So scheinen „analog“ und „digital“ miteinander verschränkt, sind individuell nicht mehr voneinander zu trennen. Es ist ein Eingriff in die DNA der Malerei, eine Neuordnung mit dem Ziel, sie als Allegorie zur Evolution des Menschen zu verstehen und als Ausdruck des vielschichtigen, komplexen Individuums mit seinen verschiedenen Rollen innerhalb gesellschaftlicher und sozialer Netze darzustellen.
Im Juli 2020 startet Martina gemeinsam mit ihrer Tochter Frances (1998) das Gemeinschaftsprojekt “Frances and Me“. Eine generationsübergreifende künstlerische Zusammenarbeit und gleichzeitig eine Hommage an die US Konzeptkünstlerin Jenny Holzer, die im selben Jahr ihren siebzigsten Geburtstag feierte. Unter dem Titel „Protect me from what I want“ fließen die verschiedenen Sichtweisen, Ziele und Erfahrungen zusammen. Auch in dieser Serie geht es um analoge Imagination und digitale Dekonstruktion.
Frances, ihrerseits parallel im Master Studium Luft und Raumfahrt an der RWTH Aachen befindlich, widmet sich künstlerisch der spielerischen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen anhand von Portraits und lockeren, pointierten Scribbles. Ihre Malereien werden durch Martinas Technik in einen neuen Kontext gesetzt. Entstanden sind sehr persönliche, teilweise ironische und provokante Synergien. Die Titel spielen dabei eine wesentliche Rolle, denn die Text- und Bildkombinationen sollen den Betrachter zur Auseinandersetzung mit sich selbst anregen.
Wir finden dieses Projekt auch über den künstlerischen Aspekt hinaus sehr bemerkenswert, muss es sich doch in einem recht vitalen Spannungsfeld bewegen. Man stelle sich vor: Zwei kreative Menschen – beide mit eigenem Kopf, eigenen Ideen, eigenem Stil.
Das alleine wäre schon pikant.
Und jetzt machen wir das Ganze familiär – Mutter und Tochter! Dort treffen nicht nur zwei Generationen aufeinander, sondern auch zwei Temperamente, zwei Sichtweisen auf die Welt, zwei autonome Individuen … und manchmal vermutlich auch zwei sehr differente Vorstellungen vom Wesen und Kern der Kunst. Dazu beeinflusst von den typischen, über viele Jahre entstandenen Triggerpunkten der Eltern-Kind-Beziehung, inklusive sämtlicher bekannter Höhen und Tiefen.
Die Tochter bringt etwas zu Papier – ein Portrait, eine Zeichnung, ein Stück Seele – und die Mutter überarbeitet, verwandelt, modifiziert den Kontext. Nicht im Sinne von „Ich verbessere das jetzt mal“, sondern eher als kreativen Remix. Ein „Lass uns schauen, was passiert, wenn ich deine Expression durch meine Brille sehe.“
Das wird nicht immer harmonisch sein – und das muss es auch nicht. Denn Reibung erzeugt bekanntlich Wärme – und in diesem Fall: Kunst. Mal fliegen möglicherweise die Fetzen, mal fliegen die Ideen. Und irgendwo dazwischen entsteht ein Raum, in dem sich beide adäquat ausdrücken. Vielleicht mit einem Augenzwinkern, vielleicht mit einem stillen Nicken, oder mit einem Satz wie: „Das lassen wir jetzt einfach mal so stehen.“
Mutter-Tochter-Kollaboration ist wie ein gut eingespieltes Improvisationsduo: Man kennt die Knöpfe, die man lieber nicht drückt – und manchmal drückt man sie trotzdem, nur um zu sehen, was passiert. Aber genau darin liegt die Kraft: Es ist ein Dialog zwischen Nähe und Abgrenzung, vielleicht auch zwischen „Ich bin stolz auf dich“ und „Du gehst mir auf die Nerven“. Und dieser Dialog schreibt sich, mal leise, mal laut, in die Werke ein.
Was wir hier sehen, ist mehr als Kunst – es ist ein sichtbares Gespräch zwischen Mutter und Tochter. Hier begegnen sich zwei Blickwinkel, zwei Lebens- und Erfahrungsstadien – und mitten im Dialog entsteht etwas, das keiner allein hätte schaffen können. Eine Verschränkung.
Wir hoffen, eure Neugier angemessen angefacht zu haben und freuen uns auf ein wie gewohnt ZAHLLOSES Erscheinen. Bereitet unseren beiden Künstlerinnen einen ordentlichen Bahnhof.
Jesus und Chris
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*Zitat von Jenny Holzer, 1982.